Pampers-Windeln-Tourismus

Die Gattung der Touristen ist vielfältig und bunt. Viele verschiedene Arten, wie der Rucksack-, Pauschal-, Individual-, Geschäfts und Kulturtourist fallen alljährlich, teils in riesigen Schwärmen in friedlich dahindösende Dörfern ein oder raufen sich zu exzessiven Saufgelagen zusammen.
Die Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen definiert den Touristen wie folgt: «Touristen sind Personen, die zu Orten ausserhalb ihres gewöhnlichen Umfeldes reisen und sich dort für nicht mehr als ein Jahr aufhalten aus Freizeit- oder geschäftlichen Motiven, die nicht mit der Ausübung einer bezahlten Aktivität am besuchten Ort verbunden sind.»
Eine relativ neue Spezis in der Familie der Touristen ist der gemeine Zahnpasta- oder Pampers-Windeln-Tourist. Aufgrund des starken Frankens kaufen nämlich die Schweizer immer öfters im Ausland ein. Das Nachsehen hat so der hiesige Detailhandel. Die Konjunkturforschungsstelle Basel Economics (BAK) geht davon aus, dass die Schweizer Haushalte 2011 rund 310 Mio. Franken mehr für Lebensmittel im grenznahen Ausland ausgeben als noch im letzten Jahr. Die Konjunkturforscher rechnen damit, dass das Wachstum der nominalen Lebensmittelumsätze in der Schweiz im laufenden Jahr rund 0,6 Prozentpunkte tiefer ausfallen wird.
Heerscharen gleich pilgern die Zahnpasta-Touristen so Woche für Woche in wahren Eroberungsfeldzügen über die Grenze nach Deutschlad oder Frankreich, um sich dort mit allerlei Nötigem und Unnötigen einzudecken.
Nach geschlagener Einkaufsschlacht gilt es, den Kofferraum des Autos mit dem riesigen Warenberg strategisch richtig zu beladen: Zuunterst, quasi als Fundament, die vierzehn Doppelpakete Pampers-Windeln und sechs Dreiliter-Wegwerfflaschen Flüssigwaschmittel. Dann die schwereren Sachen wie Pfanni-Kartoffelstockpulver, 5 Kilogramm Deutsche Markenbutter, 24 Tuben Colgate Zahnpasta und vieles mehr. Zuletzt, um dem ganzen Haufen den nötigen Halt zu verleihen, kommt der 18 Kilogramm schwere Schwarzwälder Rauchschinken obendrauf.
Während sich die hiesigen Grossverteiler mit Sortimentskürzungen und Preissenkungen gegenseitig überbieten, fährt der «kleine Mann» wöchentlich ins Ausland, um sich an den Regalen deutscher Grossisten zu verlustiern: Einerseits herdengetriebenes Einkaufsverhalten, andererseits pures Freizeitvergnügen. Indes: Warum soll Frau und/oder Mann in der Schweiz zum Beispiel Pampers-Windeln kaufen, die in Deutschland 240 Prozent billiger sind? Eben!
Übrigens: Der Quartierladen zu Hause hat inzwischen dicht gemacht.

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